Der erste Atemzug...
- The Diving Biologist
- 19. März 2023
- 3 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 23. März 2023

Gestern wurde ich an die Anfänge meiner Reise katapultiert.
Ich schenkte meiner Schwester einen Schnuppertauchgang, den wir gestern endlich einlösen konnten. Meine Schwester war noch nie in ihrem Leben Tauchen, sondern hört immer nur meine Geschichten oder ließt meinen Blog, aber teilen konnten wir diese Erfahrung bis dato noch nicht.
Wir also los ins Schwimmbad, wo uns Tauchleher*innen und Ausrüstung erwarteten. Mein Buddy und ich waren recht zügig im Wasser, während meiner Schwester noch alles in Ruhe erklärt und gezeigt wurde.
Und da sitze ich jetzt und warte. Sitze im Pool in nur knapp 2 Meter Tiefe und schaue nach oben, sehe wie meine Schwester in voller Montur im Wasser ist und mit ihrem Buddy die letzten Worte wechselt bevor es jetzt richtig losgeht.
'Alles klar, wir tauchen ab' - und die Luft wird aus dem Jacket gelassen. Langsam geht es tiefer und schon ist der Kopf unter Wasser.
Und da ist er, der erste Atemzug meiner Schwester unter Wasser, der Moment auf den ich so hingefiebert habe. Doch so wirklich spektakulär ist das gar nicht.
Am Anfang ist alles noch so viel, der Kopf ist voller Gedanken, so viele Sachen auf die man auf einmal achten muss. Die Herausforderung erstmal nach unten zu kommen und nicht wie ein Ball wieder an die Oberfläche zu schießen.
Also heißt es erstmal Ruhe bewahren und sich zurecht finden. Meine Schwester und ihr Buddy tauchen ein paar Bahnen, kommen langsam an, probieren aus und finden sich langsam zurecht. Währenddessen puzzlen mein Buddy und ich und immer wieder schiele ich rüber, schaue wie es meiner Schwester geht. Ich muss zugeben. am Anfang sieht es noch etwas unbeholfen aus. Die Flossen ragen richtung Oberfläche und die Lage ist generell ein bisschen schief, ständig wird mit der Buoyancy gekämpft und die Arme werden viel bewegt. Doch mit der Zeit kommt die Ruhe, kommt das Verständnis und dann auf einmal ist sie angekommen. Richtig angekommen. Und da ist er; der erste wirkliche Atemzug. Ein Lächeln macht sich in meinem Gesicht breit und ich merke, dass jetzt der Moment gekommen ist, an dem ich das Gefühl des Tauchens mit meiner Schwester teilen kann. Jetzt ist der Moment gekommen an dem sie meine Emotionen endlich wirklich verstehen kann.
Und wir fangen an zu spielen, machen Ringe, puzzlen, spielen Ball und genießen es. Genießen es unter Wasser zu sein und bleiben zu können. Nicht fort zu müssen und in Ruhe zu sein.
Später wird mir meine Schwester erzählen, dass sie sich gefühlt hat, als wäre sie auf dem Mond. Als wäre sie in eine neue, nie zugänglich gewessene Welt eingetaucht, in der alles irgendwie ruhig ist. In der man sich wortlos verständigt und doch das ständige rauschen der Gerätschaft hört. Man fühlt sich so schwer und leicht zugleich. Ist sich der schweren Ausrüstung vollkommen bewusst, verliert sich aber doch so schnell in der Schwerelosigkeit des Wassers.
Eineinhalb Stunden vergehen wie im Flug und schon ist der Tauchgang auch wieder vorbei.
"Jetzt muss ich ja auch noch einen Tauchschein machen!" ist das freudige Fazit meiner Schwester.
Es macht mich unglaublich glücklich diesen Teil von mir mit meiner Familien teilen zu können und ihnen meine Welt zu zeigen.
Doch vor allem hat mich dieser Tauchgang an meine erste Taucherfahrung denken lassen.
Ich werde den Moment nie vergessen an dem ich im Wasser angekommen bin und meinen ersten wirklichen Atemzug genommen habe. Von da an hat sich mein Leben verändert, hat es sich in eine Richtung entwickelt, die mich zuhause fühlen lässt. Der Moment als ich realisiert habe, dass ich das Wasser nicht verlassen muss, dass ich Zeit habe um zu erleben, prägt mich bis Heute. Und dieses Gefühl übermannt mich jedes Mal aufs Neue. Jedes Mal wenn ich im Wasser ankomme, mein Kopf frei wird und mein Körper automatisch weiß was zu tun ist, dann schlägt mein Herz etwas stärker, etwas kraftvoller. Ich schau mich um und sehe so vieles was es zu entdecken gilt. Bin in meiner eigenen Welt, in der ich doch nur zu Gast bin. Bin dankbar, dass ich das erleben darf, dass ich ein Teil davon sein darf, auch wenn nur für eine kurze Dauer.
Ich komme an und tauche los, tief in diese unbekannte, wundervolle Welt des Wassers.
Ich bin Zuhause.
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